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Chez Dior – Besuch beim BAR SUIT

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Ketzerisches Bekenntnis vorweg: So leblos, wie es da an der Puppe hängt, wirkt der Inbegriff des New Look matronenhaft und beinahe plump. Was weniger am Jackett liegt, als an Stoffmenge und Länge des Rocks. Erst auf den Fotos, die den Rock in Bewegung zeigen, ist sein Charme zu spüren.

But: Let’s back up a bit, shall we?

Beinahe wäre ich gar nicht da gewesen. Es war unser letzter Tag in der Normandie. Wir hatten zuvor zwei Tage Gäste bewirtet. Es waren 1,5 Stunden Fahrtzeit. Ich wollte lieber faul auf der Couch sitzen.

Manchmal muß man sich zum eigenen Glück zwingen.

 

chezdior

Welch herrlicher Ort! Die wunderbare Blütenpracht des weitläufigen Gartens, der Schatten der Kiefern, der Geruch des Meeres. Eine heitere Ruhe. Sehr weit weg von der Geschäftigkeit in Paris.

 

diormuseum

Les Rhymbs, das Familienhaus der Diors, thront auf der Steilküste von Granville. Von der Brüstung hat man einen fantastischen Blick über die Bucht des Mont Saint Michel. An „unserem“ Sonntag erstreckten sich die Wattflächen weit, weit hinaus.

 

diorsblickaufsmeer

 

Die Villa selbst ist ein angenehm proportionierter Gründerzeit-Bau. In den klassischen Farben des frühen Maison Dior: rose und grau. Nichts ist hier großspurig oder nouveau riche. Die Ausstellungsräume auf drei Etagen sind nicht besonders groß, aber geschickt angelegt. Und zum Glück ist kaum was los. Freie Sicht auf all die Köstlichkeiten.

Die eher uninteressierten Herren der Familie steigen nach dem Tee im Garten – wo ich noch drei Monate hätte sitzen bleiben können – gleich zum Meer hinab und ich schwelge.

Genau das, was ich bei der Lagerfeld-Ausstellung in der Bundeskunsthalle als fehlend bemängelt habe, wird hier umgesetzt: die Besuchenden bekommen nicht nur die fertigen Kreationen von fünf Designern zu sehen (Interpretation des Bar Suits von Marc Bohan fehlen, sollte er denn welche geschaffen haben). Wir sehen Stücklisten, Toiles, Schnittmuster, Konstruktionsreihenfolgen. Zwar sind die Kleider durch Glas geschützt, aber durch die kleinen Räume kommt man den meisten von ihnen näher als den abgesperrten Exponaten in Bonn. Es ist viel einfacher, die Nahtverläufen zu erkennen. Es ist unglaublich spannend, Toile und fertiges Produkt direkt nebeneinander zu sehen und die Entwicklung zu verfolgen.

In der aktuellen Ausstellung geht es um die Entstehung des New Look – exemplarisch am BAR Suit gezeigt – und um die Reinterpretation der Ur-Silhouetten des Hauses Dior durch nachfolgende Designer. Nach den Originalen von Dior stellen die aktuellen Entwürfe von Raf Simons den Großteil des Exponate. Ein paar wenige YSLs – der als direkter Nachfolger am Übergang zu den 60ern vermutlich auch konsequent mit den bestehenden Silhouetten brechen mußte. Ein paar von Gian Franco Ferré, die mir definitiv Lust auf mehr von ihm gemacht haben. Ein paar bezaubernd theatrale Modelle von Galliano, die reine Traumgebilde sind und bei Raf Simons dann die Rückkehr zu großem, aber tragbarem Luxus.

Er kombiniert sehr schmale Hosen zur ausgestellten Hüfte des BAR Jacketts und plötzlich wirkt es gar nicht mehr altmodisch, sondern rasant und modern. Aus transparentem Plissee und mit Borten horizontal verziehrt, wirken die weiten Röcke schon an der Puppe luftig und beschwingt. Die dem ausgehenden 19. Jahrhundert entliehene S-Linie, von Galliano ähnlich prunküberlagen neu gemacht wie sie wohl um die Jahrhundertwende waren, wirken in der Reduktion von Raf Simons fast schon tough. Kein Schnörkel, kein Chichi. aber ungemeine Eleganz, die ihrer Trägerin die große Bühne bietet.

Alles herrlich und spannend anzuschauen und ich möchte sofort an die Nähmaschine zurückrennen und etwas davon nachmachen.

Besonders hat es mir der rote Woll-Mantel von Raf Simons. Fantastique, non? Breite und Schwung des Revers, die kleinen Falten am Ärmelsaum, der goldene Gütel dazu. Swoon!

 

rotermantelprofil

rotermantelrevers

manteltoile

schnittmustermantel

Für alle, die es nicht mehr bis Ende Oktober in die Normandie schaffen, gibt’s ein ordentliches Buch zur Ausstellung (take that, Bundeskunsthalle!) bei Rizzoli erschienen: Dior. The New Look Revolution

 


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